Dankbarkeit

Oh nein, nicht schon wieder! Wie oft habe ich diese Situation als Kind erlebt. Freudestrahlend drückte mir eine Nachbarin ein paar der bunten Schokolinsen in die Hand und strahlte mich an. Und ich hasste diese Schokolinsen – außen weiß oder rosa, innen Schokolade mit Pfefferminzgeschmack. Ich fand sie ekelig, mochte sie nicht. Was für andere ein Grund zur Freude – ich wollte sie nicht haben, habe mich aber nicht getraut das zu sagen. Statt dessen habe ich mich bedankt, wie Kinder es halt tun sollen. Danke habe ich gesagt, aber keine wirkliche Dankbarkeit empfunden. Eine Herzenssache war das nicht! Ganz und gar nicht!

 

Was aber macht Dankbarkeit aus?

Bei Wikipedia wird der Begriff so umschrieben: “Dankbarkeit ist ein positives Gefühl oder eine Haltung in Anerkennung einer materiellen oder immateriellen Zuwendung, die man erhalten hat oder erhalten wird“1. Wir können also mehrfache Unterscheidungen treffen, wenn es um Dankbarkeit geht. Sie weckt in uns ein positives Gefühl. Und sie kann sich auf Dinge beziehen, die in der Vergangenheit liegen, kann aber auch in die Zukunft gerichtet sein, weil wir wissen, dass da etwas ist, was uns zugedacht ist.

Deutlich wird: Dankbarkeit bewirkt etwas in uns. Studien haben gezeigt: Dankbare Menschen sind glücklicher, sind weniger depressiv, leiden weniger unter Stress, sind zufriedener in ihren Beziehungen, haben ein besseres Selbstwertgefühl. Selbst mit Schwierigkeiten des Lebens können sie besser umgehen. Sie trauen sich zudem eher, andere Menschen in schwierigen Situationen um Unterstützung zu bitten. Bei diesen Beschreibungen wundert es mich nicht, dass Dankbarkeit inzwischen als der Charakterzug gilt, der den stärksten Effekt auf die psychische Gesundheit hat. Eine schöne Zusammenfassung zu Studien und zu den Auswirkungen von Dankbarkeit auf unser Gehirn findet sich im Blog von myMONK.

Dankbar wofür?

Die Anlässe, für die Menschen dankbar sind und Dankbarkeit zeigen, sind sehr verschieden. Grundsätzlich aber können wir drei verschiedene Themen umreißen:

  1. Dankbar sein für das, was ich selber erfahren habe an Gutem und Schönen. Worum es da geht, kann so verschieden sein, wie wir Menschen verschieden sind. Die einen sind dankbar für das wunderbare Herbstwetter, andere für ein Lächeln, das ihnen jemand geschenkt hat, wieder andere für eine stabile Gesundheit … Letztlich bleibt der Fokus dessen, wofür dieser Mensch dankbar ist, bei dem Individuum stehen. … was ich Gutes erfahren haben!
  2. Weg von mir, hin auf eine andere Person richten sich die Formen der Dankbarkeit, welche mit einem anderen Menschen verbunden sind. Ein Wort des Dankes an den anderen, eine Dankeschön-Karte, ein kleines Geschenk – wir haben viele Möglichkeiten jemand anderem unseren Dank und unsere Wertschätzung zu zeigen. Ob der Anlass eine langjährige Freundschaft ist, eine besondere Begebenheit – es geht um den anderen, um das, was er oder sie mir hat zukommen lassen.
  3. Eine dritte Form der Dankbarkeit liegt nicht so sehr auf der Hand, ist jedoch immer wieder anzutreffen. Es ist der Dank für etwas, was in der Vergangenheit als mühsam, vielleicht schmerzhaft und schwierig erlebt wurde. Gerade in den letzten Tagen sagte eine Dame, mit der ich vor gut einem Jahr ein Coachinggespräch hatte, zu mir: „Damals war das alles ganz schwierig. Das hat mich so mitgenommen. Heute bin ich dankbar, dass ich da durch musste. Ich habe so viel über mich in den letzten Monaten gelernt. Ich habe so vieles neu entdeckt. Ohne die schreckliche Erfahrung von damals – ich wäre niemals dort, wo ich jetzt bin.“ Und während sie das sagte, strahlte sie mich mit einem Strahlen an, das wirklich von Herzen kam.

 

„Dankbarkeit ist das Gedächtnis des Herzens“

so hat es der französische Theologe und Bischof Jean Baptiste Massillon mal gesagt. Er hat auf den Punkt gebracht, was der Kern von Dankbarkeit ist. Eine Regung im Herzen, welche uns innerlich mit Freude erfüllt und vielfach einen Weg nach außen sucht, dieses auch zu zeigen. Doch letztlich ist es egal, ob andere diese Freude mit uns teilen. Sie erfüllt uns innerlich, zaubert ein Lächeln auf unser Gesicht und lässt uns spüren, wie wunderbar das Leben sein kann. Und diese Freude hat nichts mit dem antrainierten Danke-Sagen zu tun, von dem ich am Anfang schrieb.

 

Dankbar sein können wir üben

und es lohnt sich, dies zu üben, wenn uns das noch nicht zum ständigen Begleiter des Tages geworden ist. Was wir davon haben neben einer verbesserten Gesundheit ist die Fähigkeit mit Optimismus und mehr innerer Gelassenheit auf die Dinge des Alltags zu schauen. Wir öffnen damit eine Tür zu einem Leben, in dem die Angst es deutlich schwerer hat sich in uns breit zu machen. Denn mit Dankbarkeit ist ein anderes inneres Gefühl (manche sprechen an der Stelle auch von einer anderen Energie) verbunden. Ein Gefühl, das wir im ganzen Körper spüren, ein Gefühl von innerer Weite und Helligkeit.

Wenn Du möchtest, probiere es aus um den Vergleich zu spüren. Erinnere Dich an eine Situation, auf die Du dankbar zurückblickst. Nun scanne im Körper – was fühlst Du da. Wie fühlt sich der Bauch an, wie die Herzgegend, was nimmst Du in Deinen Gedanken wahr? Und nun denke an etwas, was Dich mit Sorge oder Angst erfüllt. Was verändert sich in Deinem Körper? Was wird anders? Kehre zu der Dankbarkeit zurück und beobachte noch einmal, was in Dir geschieht.

1.Wikipedia Eintrag zum Thema Dankbarkeit – abgerufen am 15.12.2019