Spirituelle Intelligenz – next Level Leadership

Unsere Welt ist, wie wir alltäglich erfahren, in großen Umbrüchen. Für Menschen in Führungspositionen bedeutet dies eine große Herausforderung, nicht nur, weil sie ständig gefordert sind, Dinge in neuer Weise auf den Weg zu bringen, sondern auch, weil die bisherigen Führungsmodelle an vielen Stellen nicht mehr wirklich funktionieren. Das Werte-Entwicklungs-Modell Spiral Dynamics macht sehr deutlich, dass mit jedem vMeme[1] besondere Führungsstile verbunden sind. Das blaue vMeme lebt von einem hierarchischen, mit Kontrolle agierenden Führungsstil, das orange von strategischen und taktischen Überlegungen, kurzfristigen Zielsetzungen und leistungsorientierten Anreizen. Das grüne vMeme bevorzugt einen kollegial, freundschaftlichen Umgang mit den Mitarbeitenden. In ihrer jeweiligen Blütezeit bzw. den passenden Settings hatten und haben sie ihre Stärken.

 

Was macht eine herausragende Führungskraft heute aus?

Und doch finden sich in der Managementliteratur seit über 20 Jahren immer wieder Überlegungen, welche Qualitäten und Kompetenzen eigentlich derzeit herausragende Führungskräfte auszeichnen. Sie müssen ja in ihrem Leadership in der Lage sein, Orientierung zu geben, Menschen mitzunehmen und vor allem der Komplexität der Herausforderungen gerecht werden.

Einige dieser Kompetenzen, die sich als besonders wirkungsvoll erweisen und in der Lage sind, auf die komplexen Herausforderungen der Zeit angemessen zu reagieren sind u.a.:

  • Die Fähigkeit Beziehungen aufzubauen und zu pflegen
  • Die Bereitschaft, den Dienst für das Ganze über die persönlichen Wünsche zu stellen
  • Visionäre Fähigkeiten um in die Zukunft weisende Schritte entwickeln
  • Das Streben nach relevanten Erkenntnissen und die Umsetzung in die Realität
  • Unabhängigkeit von der Meinung anderer
  • Angemessene Fürsorge um das Nötige und die Mitarbeitenden fördern
  • Teamfähigkeit und die Nutzung ihrer Macht zum Wohl für das Ganze ein, ohne von Eitelkeiten geprägt zu sein

Spirituelle Intelligenz – eine besondere Form von Leadership

Jim Collins prägte für Führungskräfte, die solches vorleben, vor mehr als 20 Jahren, in Ermangelung eines geprägten Begriffes, die Bezeichnung Level 5 Leadership[2]. Robert Greenleaf sprach von Servant Leadership, Danah Zohar prägte den Begriff Quantum Leader. Im Rahmen der Social Architect Ausbildung sprechen wir immer wieder von evolutionärem Leadership.

Viele unterschiedliche Umschreibungen für etwas, was heute immer öfter auf den Begriff Spirituelle Intelligenz gebracht wird. Auch wenn der Begriff keineswegs auf den Kontext des Leadership begrenzt ist, ist es wohl nicht ganz zufällig, dass gerade im Zusammenhang von Führungsaufgaben dieser Begriff groß geworden ist. Denn insbesondere hier lassen sich Unterschiede so klar erkennen. Die Ergebnisse dessen, was am Ende rauskommt, sprechen eine eindeutige Sprache.

Die langjährigen Untersuchungen und Forschungsarbeiten von Cindy Wigglesworth, die letztlich ein Assessment zu den 21 Kompetenzen der Spirituellen Intelligenz entwickelte, wurden genau von diesen Beobachtungen des anderen Ergebnisses inspiriert. (Mehr Informationen dazu hier.)

 

Zum Begriff der Spirituellen Intelligenz

Seit etlichen Jahren beschäftige ich mich mit der Fragestellung, was hinter dem etwas sperrigen Begriff „Spirituelle Intelligenz“ wirklich steckt. Was sie ausmacht, wie wir sie erlernen können. Denn wenn Intelligenz im Sinne von Howard Gardener verstanden wird als „Fähigkeiten und Fertigkeiten, die notwendig sind, um echte (genuine) Probleme zu lösen oder Schwierigkeiten in einem bestimmten kulturellen Umfeld zu überwinden“[3], dann können wir zumindest davon ausgehen, dass Intelligenzen nicht nur eine Naturbegabung sind, sondern die damit verbundenen Handlungsweisen erlernbar, sowie eine gewisse Übung brauchen, um zur Meisterschaft zu gelangen.

Der Begriff des Spirituellen hat in diesem Zusammenhang keine religiöse Konnotation, noch ist damit irgendeine esoterische Praxis gemeint. Vielmehr spielt der Begriff darauf an, was derzeit in den Neurowissenschaften ein heiß erforschtes Thema ist: dass wir Menschen von Natur aus eine Veranlagung, aber auch ein inneres Wissen mitbringen, mit einer transpersonalen Macht verbunden zu sein. Welchen Namen wir dem auch immer geben mögen, es ist das Wissen um das Eingebunden-Sein in einen größeren Kontext des Lebens, in dem alles mit allem verbunden ist und dem wir uns auch nicht entziehen können. Was wir höchstens vergessen können und auch vielfach vergessen haben. Viele Krisen unserer Zeit entstammen genau dieser „Vergesslichkeit“.

Wie bekommen wir Zugang zu den besonderen Qualitäten, die mit Spiritueller Intelligenz im Leadership verbunden sind?

In meiner Beschäftigung mit dem Thema bin ich zuletzt vor allem der Frage nachgegangen, was nötig ist, damit dieses Erinnern wieder stattfindet, und zwar nicht nur als ein kognitiver Prozess. Sondern wirklich als ein ganzheitlicher Prozess in uns selber, was letztlich dazu führt, dass Kopf, Herz und Bauchgefühl als eine Einheit wirken.

Denn jede dieser Bewusstseinsebenen trägt etwas Wesentliches zu unserem Dasein als Ganzes bei. Jede gibt uns, sofern wir sie in ihrer vollen Kraft nutzen können, Zugang zu spezifischen Informationen in einer bestimmten Situation.

Was deutlich wird: Wenn es uns gelingt, diese Bewusstseinsebenen miteinander zu verknüpfen, haben wir Zugang zum Potenzial der Spirituellen Intelligenz. Denn sie ermöglicht es uns, mit Klarheit und Weitsicht, mit emotionaler Offenheit und innerer Weisheit völlig unabhängig von der äußeren Situation Entscheidungen zu treffen und dann zu handeln.

Spirituelle Intelligenz im Leadership ist lernbar – und nötig, um in dieser Welt großer Umbrüche einen Unterschied zu machen.

Was aber auch deutlich wird: wir haben in der Regel viele Wahrnehmungsfilter über unser „essentielles Wissen“ gelegt. Somit ist ein wichtiger Beitrag für den Zugang zur Spirituellen Intelligenz, diese Filter wieder abzulegen. Sie quasi abzuschälen, wie wir eine Zwiebel schälen, um so zum Kern des Daseins, der Essenz, dem Sein zu kommen.

Das lässt sich lernen. Und ich bin mehr und mehr überzeugt, wir tun gut daran solches zu lernen, weil es uns mit den nötigen Kompetenzen ausstattet, die wir derzeit brauchen, um konstruktiv mit den Lebenssituationen dieser Welt umzugehen.

 

 

 

[1] Als valueMemes (vMeme) bezeichnet man Cluster von Werten, welche in besonderer Weise eine Entwicklungsebene prägen und dazu beitragen, Antworten auf die Herausforderungen des Leben zu finden. Sie entstanden und entstehen in Abhängigkeit von Lebensbedingungen.

[2] Jim Collins, Der Weg zu den Besten

[3] Wikipedia, Theorie der multiplen Intelligenzen